„Muss ich meine Ersparnisse aufbrauchen, wenn ich einmal pflegebedürftig bin? Finde ich überhaupt die passende Unterstützung, wenn ich plötzlich Hilfe brauche? Kann die Situation für meine Familie zur unerträglichen Belastung werden, auch finanziell?“, so fragt die grüne Bundestagsfraktion in einer aktuellen Pressemitteilung rhetorisch – und fordert eine doppelte Pflegegarantie.
Viele Betroffene stellten sich diese Fragen zurecht, schreiben die Grünen weiter. „Denn Pflegebedürftigkeit wird hierzulande zunehmend zu einem Armutsrisiko.“ Die Bundesregierung hätte bisher keine überzeugenden Antworten geliefert. Für eine fundierte politische Debatte fehle vor allem „der konkrete politische Vorschlag“ des Gesundheitsministers.
Deshalb preschen die Grünen jetzt mit ihrer „doppelten Pflegegarantie“ vor. Und lehnen sich dabei sehr weit aus dem Fenster – zu weit, wie ich finde.
Pflege wird nicht „zunehmend zum Armutsrisiko“
„Garantie“ Nummer eins lautet: Pflegebedürftige zahlen künftig einen festen, gedeckelten Betrag für Pflegeleistungen, der deutlich unter jenen 786 Euro monatlich (im Bundesdurchschnitt) liegt, die Heimbewohner aktuell für Pflege bezahlen.
„Garantie“ Nummer zwei: Sämtliche pflegerischen Kosten, die über diesem festgeschriebenen Betrag liegen, die aber für eine „bedarfsgerechte Versorgung“ notwendig sind, übernimmt in Zukunft die Pflegeversicherung.
Mit diesen „Garantien“ sollen im Falle einer Pflege im Heim ausufernde Eigenanteile verhindert werden – und bei der häuslichen Pflege Unterversorgung. Denn hier gehe es oft „nicht danach, was die Pflegebedürftigen brauchen, sondern was sie oder die Angehörigen zahlen wollen oder können.“ Jeder solle die Leistungen erhalten, die er wirklich braucht, so die Grünen. Außerdem müsse sehr klar sein „wer dafür Sorge trägt.“
„Eine solche Steuerung ist Komplex“
Doch klar wird durch die Vorschläge so ziemlich gar nichts. Hinzu kommt, dass die Grünen ihre Ideen auf einer falschen Annahme aufbauen. Denn Pflegebedürftigkeit wird bei uns nicht „zunehmend zum Armutsrisiko“, sondern sozusagen abnehmend: Nicht mehr, sondern immer weniger Pflegebedürftige sind laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes auf „Hilfe zur Pflege“ – sprich Sozialhilfe – angewiesen.
Außerdem bleibt unklar, wie die beiden Garantien konkret umgesetzt – und wie sie finanziert werden sollen. Absurderweise scheinen die Grünen ihren Vorschlägen selbst nicht recht zu trauen, schreiben sie doch in der Pressemitteilung weiter unten: „Die Idee ist einfach, die Umsetzung jedoch anspruchsvoll. Die wichtigste zu klärende Frage lautet: Welche Leistungen übernimmt die Pflegeversicherung künftig? Eine solche Steuerung ist komplex.“
Grüne fordern breiten Beteiligungsprozess
Wer wollte dem widersprechen? Um die Komplexität zu bewältigen, empfehlen die Grünen „multiprofessionelles Case-Management“. Konkreter werden sie nicht – und verlegen sich stattdessen auf salbungsvolle Appelle: Man müsse „als Gesellschaft darüber sprechen, welche neue Pflegemodelle wir umsetzen wollen, wie die bestehende strikte Trennung der Versorgung zu Hause oder im Heim aufgebrochen werden kann und welche Rolle die Gemeinden und Landkreise bei der Bereitstellung passgenauer Pflegeangebote spielen können. Es ist eine große Aufgabe – und es wird Zeit, dass sie angegangen wird.“
So weit, so schwammig. All das sind Dinge, über die wir seit Jahrzehnten diskutieren. Nach Ansicht der Grünen noch nicht lange genug: Sie appellieren an die Bundesregierung, „umgehend einen breiten Beteiligungsprozess zu starten um die doppelte Pflegegarantie auf den Weg zu bringen.“
Wie dieser „Beteiligungsprozess“ genau ablaufen soll? Unklar. Wie fast alles an den Plänen der Grünen und ihrer „doppelten Pflegegarantie.“